Emotionale Studie eines Trainertages

 

8:00 Uhr

Vielleicht hätte ich auf den Besuch der Vernissage am Vorabend verzichten sollen, oder zumindest auf eines der vier Gläser Rotwein.
Eisige Kälte schlägt ins Gesicht – wie schlau, dass ich den 2-stündigen Indoor Part übernommen habe.
Der Seminarraum ist noch voller Tische und Bänke, die erst rausgeschleppt werden müssen.
Alles am Platz, gut vorbereitet, innere Sammlung und Einlächeln.

 

9:30 Uhr

Die ersten beiden Teilnehmerinnen erscheinen 30 Minuten vor Beginn.

„Damit Sie’s gleich wissen, wir streiken und machen nicht mit!“ „Es ist eine Frechheit, dass wir an unserem freien Tag hier sein müssen!“ „Pflichtveranstaltung? – doch nur für bestimmte Kollegen“ „Wir alle haben heute was anderes vor!“ „Diesen Psychoscheiß kennen wir schon!“ „Kommunikation sollten erst mal die anderen lernen!“ „Die, die’s wirklich betrifft, ist gar nicht da!“ „Warum sind nicht alle Abteilungen eingeladen – nur wir!“ OUPPS

 

10:00 Uhr (geplanter Beginn der Veranstaltung)

Langsam trudelt der Rest ein, einschließlich der Organisatorinnen, kurze Rücksprache wegen feindseliger Stimmung „Ja, das ist eine schwierige Gruppe – hatten wir das nicht erwähnt?“ Anspannung steigt

10:30 Uhr

Alle sind da; von der Organisation gewünschte Aufteilung der Gruppe nach Abteilungszugehörigkeit wird diskutiert und auf Wunsch der Teilnehmerinnen verworfen, „Wenn wir das schon machen müssen, dann alle zusammen!“ …  geistige Neusammlung, da Gruppe jetzt doppelt so groß ist; endlich Beginn der Veranstaltung; Mittagessen 12:00 Uhr wird knapp.

Eine der beiden Erstankömmlinge sitzt noch immer demonstrativ mit Jacke und Mütze in der Runde; Bitte es sich doch etwas bequemer zu machen und sich auf das Kommende einzulassen; Teilnehmerin bemerkt einen leicht sarkastischen Unterton und lässt die Gesichtszüge entgleisen – Verzweiflung wegen Fauxpas.

Retourkutsche folgt bei falscher Aussprache ihres kroatischen Vornamens  „Aber das Alphabet kennen Sie schon, oder?“ Bleibe ruhig – Stolz.

Beginn mit Kennenlernübung WAPPEN (drei Wahrheiten, eine Lüge), anfängliche Abwehrhaltung und Unsicherheit schmelzen peu à peu dahin. Die als WarmUp gedachte Aktion entpuppt sich als Spannungslöser und kann nach 30 Minuten begeisterten Schwindelns nur unter Protest zum Ende gebracht werden. Bei der Vorstellung der Wappen kommen die ersten Emotionen hoch, die Teilnehmerinnen fangen sich gegenseitig in bemerkenswerter Weise auf.

Weiter geht’s mit GEFÜHLSMONSTER-Karten: Mit welchem Gefühl bist du heute hierhergekommen? Gerangel um die negativen Gefühle, die Gruppe äußert sich ganz offen und lässt alles raus.

Erkenntnis:
Nummer 1: Für  die Teilnehmer ist es neu, sich aussprechen zu können/ dürfen und gehört zu werden
Nummer 2: Die geplante Übungsfolge ist zeitlich nicht machbar und muss komplett revidiert werden; Murmelabsprache mit Kollegen.

Wage es Coaching-Poster Teamschiff vorzustellen: Wo sehe ich mich? Wo sehe ich die anderen? Wo sehen die anderen mich?

Plötzlicher unerwarteter emotionaler Ausbruch, als ob eine Bombe geplatzt ist, gesamte Gruppe besteht darauf trotzdem fortzufahren. Das Training entwickelt sich in eine völlig neue Richtung, der wahre Hintergrund der Reibereien und Unstimmigkeiten in den beiden Abteilungen tritt zu Tage – Sorge, dass die Situation entgleitet, versuche ruhig zu bleiben.

 

12:15 Uhr

Mittagessen bringt den notwendigen Cut

Uff Pause, mein Part ist und ich bin erledigt; nachmittags glücklicherweise nur Begleiterrolle; blöderweise keine warmen Socken dabei, da nicht damit gerechnet, dass ich auch outdoor bin (wieder was gelernt: Allzeit bereit); Catering funktioniert nur schleppend, versuche es auszublenden; Stimmung wird dafür immer besser, es werden Scherze über den schnuckeligen Trainerkollegen gemacht. Absprache mit dem Kollegen, aus zeitlichen Gründen muss auch das Nachmittagsprogramm neu gestaltet werden … schiebe mir zwischendrin ein paar Pommes rein

 

13:00 Uhr

Es geht weiter, nur noch eine Stunde Zeit, das Programm wird auf zwei Übungen beschränkt

Blind Walk (Vertrauen):  die beiden Damen, die vormittags den größten Konflikt hatten, bilden spontan ein Team, der Spaziergang an der frischen Winterluft tut allen gut.

Tower of Power: Was ist für unser Zusammensein wichtig? Was wünschen wir uns von unseren Chefs? Nervenkitzel und Höchstspannung beim Turmbau, die Gruppe wächst über sich und das selbst gesteckte Ziel hinaus.

Kurzfristige Entscheidung als entspannendes Finale DAS BAND zu machen. Mit welchem Gefühl seid ihr gekommen? Mit welchem Gefühl geht ihr nach Hause? Sensationell wertschätzende Gedanken bei der Abschlussreflexion. „Ein solches Training wollen wir nochmal machen, dann ein ganzes Wochenende und der Chef soll dabei sein!“  Selbst die Teilnehmerin, die sich bisher nur negativ äußerte, verblüffte durch ihre Zuversicht eines zukünftigen positiven Miteinanders.

 

14:00 Uhr

Ende und herzliche Verabschiedung

15:30 Uhr

Ankunft zu Hause, Couch, Füße hochlegen

 

Gefühlsmonster-Karten: www.gefuehlsmonster.eu