• Nach dem Lockdown wieder in Bewegung kommen
  • Kompetenzaufbau in der dualen Berufsausbildung

 

Ein allgemeines vorsichtiges Aufatmen wird nach den gefühlt ewig andauernden Beschränkungen langsam überall spürbar. Die Menschen sind ausgezehrt nach sozialen Kontakten und drängen nach Draußen. In Cafés und Biergärten kehrt wieder Leben ein. Endlich darf wieder gereist werden.

 

So ging es auch uns, als wir uns im Frühsommer 2020 auf den Weg nach Helgoland machten, unserem seit einem dreiviertel Jahr geplanten Kurztrip. Fast hatten wir ihn schon abgeschrieben, doch seit einer Woche durfte die Insel wieder Gäste beherbergen. Neben der Vorfreude machte sich jedoch eine deutliche Verunsicherung breit: Noch nie musste ich für eine zweitägige Reise derart viele Formulare ausfüllen und im Vorfeld Entscheidungen (was frühstücken, wo zu Mittag essen?) treffen.

 

Einmal dort, einmal Klarheit über alle Corona-Anweisungen und einmal die Sinne geschärft für jedwede Sicherheitsmarkierung, verlebten wir herrlich entspannte Tage in einer unglaublichen Natur.

 

Stimmungsbarometer KMU / Weiterbildungsbranche

Die einen atmen auf, für die anderen bleibt die Lage dramatisch.

Umsatzeinbußen und Kurzarbeit bestimmen den Arbeitsalltag vieler Betriebe. Nicht wenige Mittelständler sehen derzeit ihre wirtschaftliche Existenz bedroht. Davon betroffen sind fast alle Branchen, unter anderen auch die der Weiterbildung.

Bedingt durch die Krise stornieren Unternehmen zunehmend Aufträge oder verschieben eingekaufte Dienstleistungen bis auf weiteres. Der stimmungsmäßige Grundtenor in der Kollegenschaft ist zwar vorsichtig optimistisch, doch der zeitliche Horizont für eine Besserung ist aktuell noch nicht absehbar.

 

Weiterbildung: Lernen als notwendige Investition

Corona kostet die meisten Unternehmen viel Geld. Folglich muss gespart werden. Die Suche nach Kostenverursachern beginnt. Meist wird im Personalbereich die Axt angesetzt. Welche Stelle ist verzichtbar? Von welchem Mitarbeiter können wir uns sozialplanverträglich trennen?

Aber – wird dabei nicht genauso Wissen, Kompetenz und Produktivität abgebaut? Geht damit nicht Leistungskraft verloren, die notwendig ist, um das Wachstum nach der Krise anzutreiben? Riskiert man nicht zuletzt einen Vertrauensverlust bei den loyalen Beschäftigten?

Auch Weiterbildung ist einer der Kostenpunkte, an denen gerne zuerst geschraubt wird. Doch sollte sie nicht eher als erforderliche Investition denn als Sparmaßnahme angesehen werden? Wie soll später ein Wettbewerbsvorteil entstehen ohne Innovationen und neuen Ideen? Und wie sollen diese umgesetzt werden ohne neue Kompetenzen und Fähigkeiten?

Durch Corona haben sich zwar die Rahmenbedingungen geändert, nicht aber die Entwicklung der modernen Arbeitswelt und genauso wenig die der jungen Menschen (Digital Natives), die jetzt in den Ausbildungsstartlöchern stehen.

Die Halbwertszeit des erlernten Wissens und erlernter Prozesse wurde in den vergangenen fünf Jahrzehnten bedingt durch die rasanten Entwicklungssprünge von Elektronik und Digitaltechnik immer kürzer. Gerade in Bezug auf die aktuellen Berufseinsteiger wird es besonders nach Corona wichtig sein, dran zu bleiben.

Nur, wenn ein ausgeprägtes betriebliches Ausbildungsengagement vorhanden ist, kann dauerhaft der Bedarf an Fachkräften gesichert werden. Nur, wenn es gelingt auch in der Krisenzeit die berufliche Perspektive einer dualen Ausbildung gegenüber den Jugendlichen zu kommunizieren, kann es gelingen, deren Ausbildungsinteresse aufrecht zu erhalten.

 

Staatliche Maßnahmen zur Unterstützung

Die Ausbildung von Jugendlichen ist mit hohem Aufwand verbunden, die in der momentanen Lage manche Betriebe heftig schlucken lassen. Um hier weiterzuhelfen, werden von staatlicher Seite finanzielle Maßnahmen in Aussicht gestellt. Zum einen wurde Anfang Juni im Koalitionsausschuss ein Konjunkturpaket Prämien für Ausbildung beschlossen. Zum anderen hat das Arbeit-von-morgen-Gesetz (Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung) am 15.05.2020 den Bundesrat passiert. Das Gesetz sieht zahlreiche Verbesserungen vor, unter anderem höhere Zuschüsse für berufliche Weiterbildung.

 

Ausbildungsbetriebe sollten so früh wie möglich diese finanziellen Mittel recherchieren und prüfen, welche staatliche Unterstützungen gegebenenfalls in Anspruch genommen werden können.

 

Lehrjahre sind Schlüsseljahre: professionelle Personalentwicklung

Ausbildungsbetriebe bieten im Prinzip alle Möglichkeiten, um junge Menschen in ihrer Entwicklung zu fördern. Entscheidend für den Erfolg in der Vermittlung von wesentlichen Schlüsselkompetenzen sind jedoch die jeweiligen Rahmenbedingungen. Sieht sich der Ausbilder als Anreger, Koordinator, Begleiter und Berater und gewährt er dem Auszubildenden verstärkt Freiräume? Wie sind das Betriebsklima und die Unternehmenskultur? Herrscht eine Atmosphäre des offenen und fairen Umgangs? Gibt es eine generelle Kultur der Mitarbeiterförderung?

Wenn all dies gegeben ist, können die Auszubildenden ideal auf die Arbeitswelt vorbereitet werden.

Als Ergänzung zu den eigenen Bemühungen bieten zahlreiche Seminarveranstalter je nach Bedarf ihre Hilfe an. Dabei kann zwischen unterschiedlichsten Methoden und Formaten gewählt werden. Ein wesentlicher Vorteil ist, dass externe Trainer den „Blick von außen“ bringen und eine neutrale Position haben.

 

Suche nach dem passenden Wegbegleiter

In fortschreitenden Zeiten von Corona-Beschränkungen und Homeoffice wächst nach meinem Empfinden allerorts die Sehnsucht nach gemeinsamem Erleben. Virtuelle Treffen und Online Seminare sind überaus hilfreich und werden auch zukünftig fortbestehen. Doch schaffen sie auch das Vertrauen und die zwischenmenschliche Beziehung, die viele Entwicklungen und Lernprozesse erfordern?

Ich setze noch immer weitgehend auf „analoge“ Veranstaltungen. In Zusammenarbeit mit meinem Co-Trainer Natur finden die meisten meiner Seminare draußen mit erlebnisaktivierenden Methoden statt. Der Ortswechsel Werkstatt/ Produktionshalle/ Büro zu Wald/ Wiese/ Park verändert den Blickwinkel auf das alltägliche Verhalten drastisch. Das Verlassen des etablierten Systems hilft aus der Komfortzone heraus in die Lernzone hinein zu gelangen. Die gemeinsame Bewegung an der frischen Luft macht kreativ und aktiviert die Sinne. Und zu guter Letzt können draußen alle Übungen unter Wahrung der geltenden Abstands- und Hygieneregeln abgehalten werden.

 

Eine meiner Lieblingszielgruppen sind Azubis und Dual Studierende aus dem technisch-gewerblichen Bereich. In auf diese spezielle Zielgruppe zugeschnittenen Aktionen erhalten die Teilnehmer die Möglichkeit ihre Selbst-, Methoden- und Sozialkompetenz zu optimieren. Mit dem dazugehörenden Fachwissen werden sie zu den handlungskompetenten Mitarbeitern für Ihr zukunftsfähiges Unternehmen.

 

Ich bin weder führend noch bahnbrechend – doch meine Unterstützung macht sich bezahlt: Ihre Auszubildenden und Dual Studierenden bekommen ein realistisches Bild von sich selbst. Sie stärken bereits angelegte Kenntnisse und Handlungsrepertoires, um diese zielorientiert, gewinnbringend sowie motiviert im Arbeitsbereich einzusetzen

 

Lassen Sie uns gemeinsam einen Weg finden, die Krise zu meistern.

 

 

Literatur

Maier Tobias, BIBB-Preprint, 05/2020: Auswirkungen der „Corona-Krise“ auf die duale Berufsausbildung, Risiken, Konsequenzen und Handlungsnotwendigkeiten

Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Pressemitteilung 23.04.2020: Deutscher Bundestag beschließt Arbeit-von-morgen-Gesetz

Flake Regina, Seyda Susanne, Werner Dirk, Kompetenzentrum Fachkräftesicherung (KOFA), 06/2020: Weiterbildung während der Corona-Pandemie

Allianz für Aus- und Weiterbildung, Webseite: www.aus-und-weiterbildungsallianz.de